Mittwoch, 16. Oktober 2013

Tourist in der Heimat



Hallo ihr Lieben,

Die Meisten von euch werden wahrscheinlich mittlerweile mitbekommen haben, dass ich schon seit gut 8 Wochen wieder in Deutschland bin; und mich morgen auch schon wieder auf den Weg zurück nach Argentinien begeben werde. Aus meiner letzten Rundmail war diese Idee ja schon irgendwie heraus zu lesen, nun werde ich sie auch bis in die Umsetzung verfolgen und kann es auch selbst kaum glauben ;)
Meine vorerst letzten Tage in Argentinien waren noch wunderschön! Sie waren durchzogen von Abschiedsschmerz, allerdings war ich mir schon zu dieser Zeit ziemlich sicher, es wird nur ein Abschied für ein paar Monate, also ein „bis bald“ und nicht ein „ich hoffe wir sehen uns mal wieder im Leben“. Auch eine Abschiedsparty durfte natürlich nicht fehlen, für die Argentinier noch weniger als für mich! Der Abschied von der Schule ging da etwas gesitteter zu, war auch wunderschön auf seine Art.
Ich habe den zu meinem zu Hause gewordenen Cerro Radal an einem super schönen Wintertag mit strahlend blauem Himmel und schneebedeckten Bergen im Hintergrund verlassen. Wenn man vom Flughafen in Patagonien in die Luft steigt, bekommt man noch mal dieses atemberaubende Panorama der schneebedeckten Anden von oben zu sehen. Unglaublich! Nach 2 Stunden Flug landet man in Buenos Aires, einer der Größten Städte der Welt, überzogen wie von einer Staub, Abgas und Chemieschicht der Farbe braun und kann es noch weniger glauben! Kulturschock innerhalb Argentiniens.
Die ersten Tage hier in Deutschland waren sehr extrem. Auf der einen Seite eine unglaubliche, anfangs fast nicht auszuhaltende Sehnsucht nach allen in Argentinien lieb gewonnenen Menschen. Auf der anderen Seite eine Freude, meine Familie und Freunde wieder zu sehen. Wie bringe ich diese zwei Seiten nun zusammen? Mit der Sehnsucht umgehen, sie bewusst auch zu leben, aber auf eine schöne Art. Und mich auf meinen Ort hier in Deutschland, auf die Menschen einzulassen. Ich finde man kann auch von einem wieder Eingewöhnen und einem wieder neu kennen lernen mit Familie und Freunden sprechen. Es hat sich ja auf gewissen Ebenen viel verändert! Auch mein kleiner Bruder lebt nicht mehr zu Hause, Freundinnen und Freunde sind weggezogen, gehen ihre Wege, jeder in eine andere Richtung. Und dennoch hat man mit den Freunden eine Vergangenheit, die einen stark verbindet.
Zur Familienzusammenführungszwecken bin ich mit meinen Eltern auf die schöne Nordseeinsel Amrum gefahren, wo wir auf die zwei Wattenmeerfreunde, meine Brüder, gestoßen sind. Nach diesem kleinen Ausflug in den Norden unseres schönen Deutschlands habe ich mich endgültig entschieden, wieder zurück nach Argentinien zu gehen.
Ich wusste nun, bald werde ich Witten wieder verlassen und stand vor der Aufgabe, mich trotzdem, wenn auch nur für kurze Zeit, einzuleben, wohl zu fühlen und zur Ruhe zu kommen, zu mir zu kommen, um dann bewusst und mit neu geschöpfter Kraft wieder nach Argentinien zurückkehren zu können.
Während der Zeit in Deutschland habe ich für mich die Frage nach dem „Wieso“ immer wieder bewegt und bearbeitet. Und dennoch kann ich sie in dem Sinne nicht konkret beantworten. Es ist mehr ein Gefühl, da in Argentinien warte noch etwas auf mich. Ich habe keinen genauen Plan was ich machen werde wenn ich dort ankomme. Aber es fühlt sich richtig an. Es gibt keine guten oder schlechten Entscheidungen. Wenn ich mich entscheide, nach Argentinien zu gehen, wird das meinen Lebensweg in eine bestimmte Richtung verändern, aber es wird nie eine gut noch schlechte Entscheidung gewesen sein. Und es kann auch immer die Entscheidung getroffen werden wieder zurück nach Deutschland oder sonst wohin zu gehen. Klar ist Argentinien weit weg, grob geschätzte 14000 Kilometer Luftlinie, dennoch fühlt es sich für mich näher an. Ich war schon mal da, weiß wie es dort aussieht, wie die Luft dort riecht, wie sich der Regen anfühlt. Das lässt die 14000Kilometer erheblich kürzer werden! Ich werde an den gleichen Ort zurückgehen, wo ich das letzte Jahr auch war, allerdings nicht weiter in der Schule als Freiwillige arbeiten. Ich bin gespannt was kommt!
In diesem Sinne wünsche ich Euch allen erst mal alles gute auf allen euren Lebenswegen, wohin sie auch gehen werden.
Bis bald!
Alma

Sonntag, 14. April 2013

Herbstliche Ostern


Ich hoffe, ihr hattet alle ein frohes Osterfest und alle die, die Ferien haben so wie sie ein der Schule angesetzt werden, schöne frühlinghafte Ferien! An dieser Stelle schicke ich direkt mal ganz viel Kraft und Durchhaltevermögen an Wilm und Leonie, meinen Bruder und meine Cousine, die ihre schönen Ferien wahrscheinlich größtenteils mit lernen fürs Abi verbringen!
Mein Osterfest viel eher nüchtern aus. Es wird in Argentinien auch generell nicht so groß gefeiert wie in Deutschland glaub ich. Die Supermäkte sind zwar voll mit Schokoeiern und es gibt auch so was wie ein Osterstollen, dennoch hatte ich das Gefühl, es ist nicht so ein „großes“ Fest wie ich es aus meiner Familie in Deutschland kenne.
Die Woche um Ostern hatten auch wir frei. Dank des wunderschönen Wetters mit strahlend blauem Himmel und relativ warmen Temperaturen konnte ich viel Zeit draußen verbringen. Ich habe mir leider meinen Fuß ziemlich übel verstaucht und konnte deswegen nicht wandern gehen, wie ich es mir eigentlich vorgenommen hatte. Stattdessen sind wir zu einem See gefahren, haben gegrillt und die Sonne genossen. Ich bin immer wieder überrascht, wie viel unbetastete Natur hier um mich herum ist. Man braucht nur ein bisschen von der Straße abzubiegen und gelang relativ schnell in Gegenden, die bis auf ein paar mit der Zeit entstandenen Trampelpfaden keine Hinweise auf menschliches rumwerkeln abgeben. Argentinien ist auch einfach ein riesiges Land mit einer für seine Größe kleinen Einwohnerzahl, verglichen mit Deutschland sagen wir mal. Wenn ich mich nicht irre lebt ungefähr ein drittel der Einwohner Argentiniens in der Hauptstadt. Da bleiben nicht mehr viele, die den Rest des Landes besiedeln oder bestellen, vor allem nicht hier im Süden. In den Provinzen, wo gut Ackerbau betrieben werden kann auf Grund des Klimas und der planen Fläche, wird das Land genutzt. Womit wir auf die zweifelhafte Frage kommen wofür es genutzt wird. Um in Monokulturen  Sojabohnen oder genmanipulierten Mais anzubauen, die das Erdreich völlig ausrauben, und nach Europa zu exportiert werden. Auf meiner Reise durch Argentinien im Januar hatte ich vor allem in den Provinzen San Luis und Cordoba während den langen Busfahrten genügend Zeit, dies zu beobachten. Um wieder zurückzukommen: hier unten in Patagonien sind die Erd- und Wetterbedingungen nicht ganz so ideal für solche Späße, auch auf Grund des kühlen Klimas leben noch weniger Menschen hier, so kann sich die Natur erfreuen und (noch) an vielen Stellen wachsen und gedeihen wo und wie sie lustig ist!
Natürlich führt das ganze auch dazu, dass es weniger Arbeit gibt. Gerade hier in El Bolson und Umgebung sind die größten Einnahmen im Jahr dem Tourismus in den Sommermonaten Dezember bis März zu verdanken. Die Anzahl der Klamottengeschäfte in Witten könnte man hier mit der Anzahl von Campingplätzen, Ferienhäusern und Hostels vergleichen! Die Menschen die nicht vom Tourismus leben, im Supermarkt oder der Schule arbeiten, haben ihr Stück Land, einen kleinen Gemüseanbau, zum Eigengebrauch für die meist ziemlich große Familie und/oder Verkauf, ihre Hühner, Schafe, Schweine und manchmal auch Kühe zur Fleischproduktion, leben in mit eigenen Händen erbauten Holz oder auch zunehmend Lehmhäusern, je nach Lage mit WC oder Plumsklo, fahren wunderschöne uralte Autos und haben, wenn es irgendwie einzurichten ist, einen laufenden Fernseher mit DirektTv im Zimmer stehen.
Hier nach El Bolson und Umgebung landen in den letzten Jahren immer mehr Menschen und Familien aus der überdimensional großen, in gewissen Punkten gefährlichen, dreckigen unruhigen Hauptstadt auf der Suche nach einer alternativen Lebensform. Je nach Füllung des Geldbeutels besetzen oder kaufen sie ein Stück land, bauen wunderschöne Lehmhäuser in allen Formen und Größen, versuchen mit Naturkonstruktionen, Verkauf von selbstgebackenem Vollkornbrot, selbst genähter Kleidung, anderen Handwerkskünsten oder Naturkosmetik ihre Familien zu ernähren und leben im Einklang mit der Natur, dem Mond, der Sonne und den Sternen, weit entfernt der Hektik der Großstadt. Man sagt, gerade hier in die Gegend kommen auch viele Deutsche oder Europäer auf der Suche nach einer anderen Lebensart. Ich persönlich kenne allerdings nur eine deutsche Familie.
Auch wenn hier unten in Patagonien nicht viel Platz für Ackerbau in großem Stil ist, haben sich, zumindest hier im Norden Patagoniens, viele Leute angesiedelt, die Gemüseanbau betreibe, die biodynamische Bewegung ist auch vertreten. Was die Pflanzen angeht sind zu dieser Jahreszeit Hagebutten und Brombeeren am stärksten vertreten. Es ist quasi kein Ankommen gegen diese dornigen Büsche. Bei den Brombeeren ist oft das Problem, dass sie im Sommer in Massen wachsen, der Frost dann aber zu schnell kommt und die meisten Brombeeren kaputt macht ehe sie reifen können. Die Äpfel und Quitten haben es allerdings noch größtenteils vor dem Frost geschafft zu reifen. Im Grunde ist das was hier an Gemüse und Obst wächst mit dem in Deutschland zu vergleichen.

Nun ist aus dem herbstlichen Ostergruß ein kleiner Blick auf die Menschen die hier leben geworden…

In diesem Sinne sende ich ein paar wärmende Sonnenstrahlen nach Deutschland, die vielleicht endlich mal den Frühling für euch herbeirufen!

Liebste Grüße

Alma

Montag, 18. März 2013

Ausflug in den Norden



Und Tagsächlich fuhr ich Anfang Januar mit dem Reisebus, was hier als Transportmittel dient wie Züge in Deutschland, 27 Stunden nach Buenos Aires zum Zwischenseminar. Es war eine ereignisreiche interessante Woche mit den ganzen anderen Freiwilligen in mitten der Großstadt Buenos Aires. Bevor ich dort ankam hatte ich großen Respekt, wenn nicht schon etwas Angst vor dieser Stadt. Der Respekt ist geblieben, die Angst hat sich gelegt und ich fühlte mich schlussendlich sogar sehr wohl, habe das Stadtleben genossen.

Nach der Woche Großstadt habe ich mich wieder etwas in den Süden begeben; in der Provinz La Pampa habe ich mich mit einem Freund aus meinem Dorf hier getroffen. Nachdem wir festgestellt hatten, dass es in dieser Region im höchsten Sommermonat Januar außer Hitze nicht viel gibt, haben wir recht schnell wieder unsere Sachen gepackt und sind Richtung Provinz San Luis aufgebrochen. Wir sind von Ort zu Ort weiter Richtung Nord-Osten gezogen. Eines Tages erreichte mich die Nachricht, dass eine Freundin aus Deutschland mich für drei Wochen besuchen komme. Gegen Ende Januar bin ich zurück nach Buenos Aires um sie vom Flughafen abzuholen. Sie kam mit so viel Elan und Reiselust, dass wir von Buenos Aires noch eine „kleine“ Runde gedreht haben über Iguazu, Tucuman, Salta, Jujuy, Mendoza und schlussendlich Chile, wo wir ins mit noch einer anderen Freundin aus Deutschland getroffen haben. Unsere Reise in den noch wärmeren Norden viel wegen meiner Ferien genau in die heißesten Sommermonate des Jahres. In trockenen Regionen wie Tucuman, Salta und Jujuy fühlen sich die realen 35 Grad gleich noch mal ein paar grad wärmer an, die Sonne scheint den ganzen Tag ununterbrochen und die wenigen Flüsse haben kein Wasser. Argentinien ist ein wunderschönes Land. Nicht nur auf der Reise sondern auch wenn ich hier unten in Patagonien bin, haut es mich quasi immer wieder aufs Neue vom Hocker was für  Traumlandschaften es in Argentinien gibt. Hier im Süden eine super Idyllische Berglandschaft, im Zentrum eine nicht enden wollende Pampa ohne alles, im Nordosten eine Wasserreiche Landschaft mit feuerroter Erde und im Nordwesten trockene Weiten mit felsigen Bergen in allen Farben. Eindeutig hatte ich viel zu wenig Zeit, um dieses Land richtig kennen zu lernen. Irgendwann, wenn sich mir noch mal die Gelegenheit bietet, werde ich meine Entdeckungsreise fortsetzen.
Der Wechsel der „Reisepartner“ war extrem. Mit dem Argentinier waren wir sehr gemütlich unterwegs, haben im Zelt, im der Busstation, im Park oder gar nicht geschlafen, uns sehr einfach ernährt (Brot und Käse) und Leute kennen gelernt, denen ich alleine nie begegnet wäre. Durchaus interessante Menschen, die auch meinen Bewusstsein/Blick auf die auf der Straße lebenden Menschen etwas geändert haben. Mit Franzi ging es dann gleich zu Anfang zu der Touristengegend schlecht hin, Iguazu, wo wir auch gleich noch eine Führung mit Gide mitgemacht haben, so richtig mit Schildchen, Mittagessen inklusive, Tourbus und allem drum und dran… wieso wir uns das aufschwatzen lassen haben ist uns auch nicht so ganz klar geworden. Das war dann das erste und letzte mal. Das restliche Leben lief aber auch etwas zivilisierter ab mit in Hostels schlafen, Kaffee trinken gehen, richtig kochen oder auch mal essen gehen und natürlich Tagesausflüge. Als wir dann mal unseren gemeinsamen Rhythmus gefunden hatten, war es wunderschön!
Die drei Wochen mit meiner deutschen Freundin haben mich wieder ein bisschen aus dem Spanisch-Fluss gebracht, ich habe mich wieder daran gewöhnt Deutsch zu reden und als ich hierher zurück kam, ist es mir erst mal wieder etwas schwerer gefallen, die ganze Zeit spanisch zu sprechen. Klar hab ich auf der Reise auch spanisch gesprochen wenn wir Leute kennen gelernt haben, aber ich musste mich nicht die ganze Zeit auf Spanisch unterhalten. Alles in allem verbessert sich mein Spanisch immer mehr. Durch die Reise habe ich diverse Dialekte kennen gelernt. Schon etwas verwirrend, wenn die Menschen plötzlich anfangen das „r“ wie ein „s“ auszusprechen, oder man in Chile einer komplett anderen Aussprache von „y“, „ll“ und was weiß ich nicht allem gegenübersteht und kein Wort mehr versteht. Man gewöhnt sich an alles.

Nach fast zwei Monaten Ferien bin ich wieder hier unten in Patagonien angekommen, meine Freundin ist noch mit mir bis hier runter gekommen um mein Zuhause etwas kennen zu lernen. Wir haben leider genau die Regentage erwischt, aber es war trotzdem schön. Es hat mir Freude gemacht, einer guten Freundin aus Deutschland mein Leben hier etwas zeigen zu können in einer Art die über Beschreibung und Fotos hinausführt.
Nach und nach habe ich wieder angefangen, in der Schule zu arbeiten. Schlussendlich hat die Schule ein Hostel gemietet, was groß genug ist für den Kindergarten und die Grundschule. Wir sind also Ende Februar mit der gesamten Schule ( so viel Kram war es für eine Schule auch nicht weil doch vieles verbrannt ist) in das Hostel umgezogen. Es ist ein Wunderschönes Gebäude, typisch patagonische Bauweise, traumhaft gelegen sodass man jeden Morgen durch eine riesige Glaswand auf die unglaublich schönen Berge sehen kann, hinter denen die Sonne aufgeht. Bis alles organisiert war, die Schule umgezogen war, feststand welche Lehrer was und wie unterrichten waren schon ein paar Tage vergangen wo wir eigentlich schon hätten unterrichten wollen, aber besser spät als nie. Und nun sind auch alle glücklich und zufrieden mit dem Gebäude, mit der Tatsache, dass der Kindergarten und die Schule wieder zusammen an einem Ort sind, mit neuer Energie, Kraft und Glück. Wir sind also nun seit knapp einer Woche in der Schule, dabei uns einzurichten, einzugewöhnen und wohl zu fühlen. Nächste Woche werde ich mich mal mit zwei Lehrerinnen zusammensetzen, um ein bisschen an meinen Ideen eines Nachmittagskurses zu feilen. Ich bin gespannt was bei rumkommt.

Man hat mir erzählt, dass der Januar hier der Sommermonat des Jahres war mit bis zu 35 Grad und ohne Regen, was auch zu einem kleinen Waldbrand geführt hat. Das war genau der Monat wo ich unterwegs war. Genau die Tage meiner Rückkehr, waren die ersten Regentage seit langem. Und mit dem Regen kam auch die Kälte. Ich kenne also Patagonien gar nicht im richtigen Sommer wo es nachts nicht abkühlt und der Wind auch eher erdrückend warm als erfrischend ist. Wir haben nun zwar erst Mitte März und somit Spätsommer, dennoch gab es schon die ein oder andere Nacht mit Frost und der kühle raue Patagonienwind ist auch ein häufiger Begleiter.

Zu meiner Wohnsituation… schlussendlich habe ich eine hand voll Nächte im Zelt geschlafen, dann hat es 4 Wochen lang durchgeregnet und ein Freund hat mir ein Bett bei sich zu Hause angeboten, was ich dankbar angenommen habe! Abgesehen davon, dass das Zelt undicht war, wurde es auch mit der Zeit immer und immer voller im Hostel und für mich war es irgendwann etwas viel, ich hatte das Gefühl mehr Ruhe zu brauchen, was bei den vielen Leuten in dem Hostel  nicht möglich war.
Eigentlich war diese Schlafmöglichkeit nur als Übergang gedacht, bis ich oder die Schule etwas anderes für mich finden. Dennoch hat es sich als etwas längerfristiger Übergang herausgestellt oder eher schon als mein neues Zuhause. Das Häuschen liegt außerhalb des Dorfes mit Blick auf die Berge (den hat man hier eigentlich immer), ist gerade im Aufbau, natürlich alles Eigenarbeit, eine Mischung aus Lehmbau, Holz und Stein, einfach traumhaft.

Nach und nach bin ich dabei Fotos von meiner Reise und der neuen Schule hoch zu laden. Ich bitte um noch etwas Geduld, mein PC ist nicht so schnell… ;)

Grüße aus dem Süden!

Eure Alma

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Zeitlos


Es kommt alles anders als man denkt…

Tagebuch, Mailkontakt mit Familie und Freunden, Skypetelefonate, Blogeinträge, Rundmails… das sind alles Dinge, die sehr viel seltener entstehen, stattfinden als ich mir das so vorgestellt habe. Wieso? Nicht dass es nichts zu erzählen gäbe, keine Zeit ist auch nicht so ganz das richtige. Ich glaube mir fällt es einfach unglaublich schwer, weil ich das Gefühl habe, nicht an zwei Orten gleichzeitig sein zu können. Jetzt bin ich hier in Argentinien, wohne, lebe, arbeite hier. Ich fühle mich wohl, mir geht es gut, es ist mein Zuhause (für eine begrenzte Zeit aber es ist mein Zuhause). Und jedes Mal, wenn ich Kontakt zu Deutschland habe, zieht es mich irgendwie immer noch ein bisschen wieder zurück in mein „altes Leben“ in Deutschland. Abgesehen davon, dass sich das Leben immer verändert, bin ich gerade in einer Situation, wo die Veränderung vielleicht noch etwas intensiver ist. Wer bin ich? Wo bin ich? Was will ich? Klingt ein bisschen wie eine Generalüberholung des Lebens! Vielleicht muss ich erst diese Generalüberholung vornehmen, um ein anderes Verhältnis zu meinem Leben in Deutschland zu bekommen. Ich meine es ist zwar richtig, dass ich jetzt gerade hier lebe, dennoch habe ich Familie, Freunde, Bekannte in Deutschland, ein Leben in Deutschland. Das gilt es nicht zu vergessen.  


Was ist so in den letzten 2 Monaten passiert?

Wie uns direkt nach dem Brand der Schule angeboten wurde, haben wir die letzte Zeit in einer anderen Schule am Nachmittag unterrichten können. Nach anfänglichen Eingewöhnungsschwierigkeiten in der neuen fremden Schule haben wir uns schließlich doch alle irgendwie eingewöhnt. Es war für alle schwer. Für die Kinder, da sie in fremden Klassenzimmern Unterricht hatten, für die Lehrer weil sie in fremden Klassenzimmern unterrichtet haben und sich dementsprechend nicht richtig einrichten konnten, für die Eltern weil die Schule weiter außerhalb liegt. Wir haben uns arrangiert. Nächstes Schuljahr, also März 2013, können wir nicht mehr in dieser Schule unterricht machen, da wer auch immer beschlossen hat, eine Stunde länger die Kinder in der Schule zu halten… Eine Stunde alles nach hinten verschoben, würde bedeuten, bis 19.30Uhr Unterricht zu haben. Das will keiner. Wir suchen nun ein Hostel oder ähnliches zur Miete als  Zwischenlösung für das kommende Jahr. Auf lange Sicht ist natürlich immer noch der Wunsch, ein eigenes Gelände zu kaufen und selber Schulgebäude zu errichten. Das braucht ein bisschen mehr Zeit als die drei Monate die uns nun bleiben, bis das neue Schuljahr anfängt. Wir hoffen alle, bis dahin wenigstens ein Gebäude zur Miete gefunden zu haben, damit die Grundschule vormittags da weiterlaufen kann. Der Kindergarten wird voraussichtlich noch ein Jahr in El Bolsón neben der abgebrannten Schule weiterlaufen.

Meine Arbeitsbereiche haben sich auch ein bisschen verändert. Vormittags helfe ich der „Sekretärin“, sie hat sich ihr Büro in einem der noch stehenden Klassenzimmer neben dem Kindergarten in El Bolsón eingerichtet, dann bin ich eine Stunde mit im Kindergarten. Nachmittags fahre ich in die Schule. Die Arbeit im Kindergarten ist super. Das Ziel ist auch, irgendwann man einen ganzen Tag die Kinder zu begleiten und mit den etwas größeren Kindern ein bisschen etwas mit Holz zu arbeiten. Die Arbeit mit der Sekretärin ist mal mehr, mal weniger spannend. Es sind kleine, unscheinbare Sachen die ihre Wichtigkeit haben, sie aber nicht direkt zeigen oder für andere zu spüren machen.
In der Schule bin ich nun eine Woche in einer Klasse und mache den rhythmischen Teil des Unterrichts mit. Viele Sachen sind ähnlich zu dem, was wir in der Schule auch gemacht haben.
Manchmal habe ich das Gefühl, bezüglich der Arbeit ein bisschen auseinander gerissen zu sein. Geographisch wie auch inhaltlich oder menschlich gesehen. Ich arbeite an zwei verschiedenen Orten, mit drei verschiedenen Gruppen von Menschen und manchmal fehlt mir eine Verbindung dieser zwei Orte und drei Gruppen. Es handelt sich um ein und dieselbe Einrichtung und dennoch ist es für mich manchmal sehr gespalten. Geographisch betrachtet lebe ich in Lago Puelo, der Kindergarten und das Büro sind in El Bolson, ca 14Km weiter Richtung Norden, die Schule ist auf halbem Weg und noch etwas weiter Richtung Osten („ Cerro Radal“ falls es jemand bei Google-Earth nachgucken will ). Wenn ich das alles mit dem Fahrrad fahre, kommen da so um die 40 Kilometer und zwei Stunden bei rum… Aber zum Glück habe ich auch oft die Möglichkeit mit jemandem in Auto mitzufahren. Es schränkt mich zwar immer in meiner Freiheit ein zu fahren wann ich will, aber das nehme ich dennoch manchmal auf mich da 40 Kilometer jeden Tag einfach viel sind. Auch wenn ich das Fahrradfahren brauche. Aber in Maße und nicht in Massen!
Nächstes Jahr wird sich wieder alles ändern. Die Schule wird wieder morgens stattfinden, genauso wie der Kindergarten. Außerdem wird sie an einem anderen Ort sein, eventuell näher bei mir zu Hause. Ob es weiterhin eine Sekretärin geben wird steht auch noch in den Sternen. Es heißt also flexibel und anpassungsfähig bleiben!

Ich wohne immer noch in dem Hostel in Lago Puelo. Anfangs hatte ich den Wunsch mehr im „Zentrum“ von El Bolsón zu leben da es näher an der Schule ist und ich dort mehr Leute kannte. Aber auch dies hat sich geändert, ich habe mein soziales Leben hier in Lago Puelo aufgebaut und fühle mich in dem Hostel zu Hause. In der letzten Woche bin ich in ein Zelt umgezogen, da so langsam mehr und mehr Touristen kommen und sie das von mir belegte Bett brauchen. Ich liebe das Leben im Zelt!  Erstens ist es mehr wie mein eigenes Zimmer, die letzten eineinhalb Monate habe ich mir das Zimmer mit einem anderen jungen Mann geteilt, was auch kein Problem war. Dennoch ist ein eigenes Zelt mehr wie mein eigenes Reich und es ist ruhiger als im Hostel, auch kann ich mich mehr zurückziehen, wenn ich mal keine Menschen/Touristen mehr sehen kann (hauptsächlich Israelis weil Ghila, die Besitzerin, hebräisch spricht). Jetzt wo der nahende Sommer ab und an schon deutlich zu spüren ist (wir hatten schon mehrere Tage mit 30°C) ist es auch nicht mehr so kalt; obwohl es in der Nacht bis Januar noch frieren kann! Wenn ich schon mal beim Wetter bin: bis jetzt hatte ich glaub ich ziemlich Glück. Gestern und Heute hat es seit fast 2 Monaten mal wieder richtig geregnet! Abgesehen davon, dass es dann auch mal dringend nötig ist genieße ich doch auch einfach gerne die Sonne und die Wärme. Mit meiner Wohnsituation in dem Hostel die mich immer mit Reisenden in Kontakt bringt, werde ich somit auch des Öfteren auch in Urlaubsstimmung versetzt. Ganz angenehm muss ich sagen! Und jetzt kann ich es auch quasi schon fast voll auskosten dieses Gefühl. Gestern hatten wir den letzten Schultag, heute ist Feiertag und morgen das Fest zum Jahresabschluss. Danach habe ich 6 Wochen Ferien! Ich bin gespannt, wohin es mich da verschlägt… Ich habe schon ein paar Ideen, aber nichts ist sicher. Vielleicht geht es eine Woche nach Puerto Madrin, dann geht es Anfang Januar mit Sicherheit nach Buenos Aires zum Zwischenseminar mit den Freiwilligen aus Argentinien, Chile und Uruguay und im Anschluss ist die Idee, weiter Richtung Norden zu reisen. 

Vor einer Woche war mein 21. Geburtstag. Ich wage fast zu sagen, dass es die schönste Geburtstagsfeier seit langem war die ich hatte! So ein Frühlings-/Sommergefühl verändert doch schon einiges! 20° C, Sonne, grüne Bäume, Blumen, Farben, Leben auf der Straße…! Wunderbar. Vormittags habe ich freibekommen, habe in der Zeit 4 Torten gebacken (Danke Mama für das Rezept!) die ich nachmittags mit in die Schule genommen habe um mit allen Klassen meinen Geburtstag zu feiern. Es war super schön! Viele Kinder haben mir was gebastelt, ein Bild gemalt, für die Lehrer hatte ich im Vorhinein für jedes meiner durchlebten Lebensjahre eine kleine Anekdote aufgeschrieben die sie dann in einer kleinen Geschichte verpackt erzählt haben. Mit Hilfe von Mama und Papa habe ich auch für jedes meiner Lebensjahre etwas gefunden. Ich war zwischendurch echt überrascht, was ich schon alles gemacht habe!
Abends kamen dann ein paar Freunde zu mir nach Hause, dazu waren noch diverse Touristen da, sodass wir so um die 25 Personen waren. Wir haben draußen gesessen, Pizza gebacken, Rotwein getrunken, Torte gegessen, Mate getrunken… es war ein schöner Tag! Gestern ist auch das Päckchen von meiner Familie angekommen! Ich habe mich sehr gefreut!
Der 21. Geburtstag ist ein besonderer Geburtstag. Es ist ein Wandel im Leben. Trifft sehr gut auf mich zu! Ein Wandel des Körpers, des Geistes, des Lebens… Das ist jetzt alles sehr schwammig, kann alles und nichts heißen. Im Konkreten meine ich mit Wandel des Körpers eine Veränderung in Richtung etwas mehr Weiblichkeit. Ich lerne Flamenco, lasse mir die Haare lang wachsen, habe etwas mehr Kurven bekommen (gut darüber lässt sich jetzt auch streiten ob man das weibliche Kurven nennt oder einfach ganz spröde: Ich habe 8 Kilo zugenommen… ;)). Das Leben hier hat einen anderen Rhythmus an den ich mich anpasse oder angepasst habe. Selbstbewusstsein, Vertrauen in das Leben, in das was ist, was kommen wird. Wie ich ja schon ganz zu Anfang geschrieben habe: Generalüberholung.
Wenn ich jetzt so darüber nachdenke, kommt mir der Gedanke, dass die ganzen Krankheiten die ich hier schon so hatte, auch Teil dieses Wandels sein könnten. Wie selten bin ich in Deutschland wirklich krank! Hier hatte ich schon eine ordentliche Erkältung ( in dem Zusammenhang kam auch die chinesische Medizin zum Einsatzt, dessen Auswirkungen auf einem der Fotos zu sehen sind; es war ein Marmeladenglasdeckel!), Fieber, mehrere Tage Übelkeit und zur Zeit plage ich mich mit einem „Ausschlag“ im Gesicht rum. Angefangen hat es mit Herpes (was ich auch noch nie hatte), dann hat es sich auf die Wange ausgebreitet, auf die andere Wange, ans Kinn… Da ich zu spät mit Kamillentee und Teebaumöl angefangen habe, nehme ich jetzt Antibiotika, da der Ausschlag so langsam auf andere Teile meines Körpers übergeht. Die Ärztin sagt, es ist eine entzündete Wunde, in dem Stadium hilft nur noch Antibiotika. Geschmackssache aber nach einer Woche und es wird immer noch immer schlimmer habe ich mich dann doch dazu durchgerungen, auf Antibiotika umzusteigen.
Der Wandel der Jahreszeiten, der Kulturen, die extreme Sonne, das Wasser, das Essen… dazu kommen seelische Ungewissheiten. Alles zusammen macht mich scheinbar sehr anfällig für jegliche Krankheiten.

Das Leben hier in Lago Puelo ist alles in allem super ruhig, entspannt, angenehm. Wenn ich mit dem Fahrrad unterwegs bin benutze ich selten mein Fahrradschloss, fahre gelegentlich Nachts um 4Uhr alleine 10 Kilometer durchs Nichts nach Hause, wenn ich nicht mit dem Rad unterwegs bin trampe ich. Manchmal versuche ich mich an die Angst zu erinnern, die ich in Deutschland und hier in der ersten Woche noch hatte. Oft einfach nur zum lachen. Allerdings kommt es doch auch vor, dass ich in einer Nacht nur ein Zimmer getrennt von einem Typen schlafe, der in dieser Nacht diverse Menschen überfallen und einen davon mit einem Messer übel zugerichtet hat. Oder wir sind in einer Bar, in der es gelegentlich zu Messerstechereinen kommt. Und wenn ich jetzt daran denke, nach Buenos Aires fahren zu müssen, schlottern mir schon ein bisschen die Knie. Da wird mit Sicherheit ein anderer Mambo getanzt als hier im Örtchen! Und wir haben während unserem Seminar ein Hostel im Zentrum vom Zentrum von Buenos Aires…! Das wird noch mal ein Riesenwandel vom Dorfleben in die Großstadt.

Vor einer Woche war ich seit langem wieder in Bolsón im großen Supermarkt. Und ich habe meinen Augen nicht getraut! Draußen 30 Grad und der Supermarkt ist voll von Weihnachtsmännern, Lichterketten, Plastikweihnachtsbäumen, Glitter, Weihnachtsgebäck, Pan Dulce, Budin….  An sich genau wie in Deutschland, nur dass daneben Kirschen, Erdbeeren, Himbeeren verkauft werden und vor der Tür der schönste Sommer im Anmarsch ist. Ein lustiges Gefühl!


Ich lasse euch jetzt erst mal etwas Zeit zum lesen. Ich hoffe die vielen Buchstaben und Worte auf einem Haufen wirken nicht abschreckend und haben den Effekt, dass ihr gar nicht erst anfangt zu lesen!

Sommerliche grüße in die verschneite Heimat!!!

Un abrazo
Alma

Sonntag, 16. September 2012

und jetzt?


Ich kann es selber gerade noch gar nicht glauben. In der Nacht von Donnerstag auf Freitag hat es im Hauptgebäude der Schule gebrannt. In diesem Gebäude befand sich die erste, zweite, dritte und sechste Klasse, außerdem das Sekretariat, die Toilette und die Küche. Die erste, zweite und sechste Klasse sind weitgehend unversehrt geblieben, doch von der dritten Klasse, dem Sekretariat, der Küche und der Toilette ist nichts mehr übrig geblieben. Quasi alle Unterlagen der Schule, all der Papierkram, ein sehr großer Teil an Unterrichtsmaterial wie Stifte und Hefte, Bücher von den Lehrern sind verbrannt. Es ist einfach weg. Nicht zu glauben.
Als ich gestern Morgen zur Schule gefahren bin, wusste ich von nichts. Als ich ankam, habe ich schon von weitem gesehen, dass ein paar Leute vor der Schule standen, was für die Uhrzeit sehr ungewöhnlich war. Als das Gebäude dann in mein Blickfeld kam, war das erste  was ich dachte: Nein, das ist jetzt ein schlechter Witz oder ein Traum. Das kann nicht wahr sein. Unmöglich!
Ich war ziemlich geschockt. Und bin es auch immer noch ein bisschen. Gerade habe ich angefangen diese Schule zu lieben, da brennt ein Großteil von ihr von einem auf den anderen Tag ab.
Es kamen immer mehr Eltern, auch ein paar Kinder, ein paar wussten es schon, andere noch nicht. Die Feuerwehr kam noch einmal, um die letzten glühenden Stellen zu löschen und zu untersuchen, woher das Feuer kam. Scheinbar war es die Elektrizität. Irgendein verdammtes Kabel war die Ursache.

Es gab dann Gestern direkt eine Versammlung unserer Direktorin mit der Schulbehörde oder Ähnliches. Wir anderen, Eltern und Lehrer und ich, haben uns auch zusammen gesetzt und geguckt, was es für Möglichkeiten gibt. Beziehungsweise die anderen haben geguckt, was es für Möglichkeiten gibt. Ich saß nur da, habe zugehört und versucht zu begreifen was gerade passiert ist. Ich hatte das Gefühl, die anderen waren auch ein bisschen besorgt, dass ich so sehr geschockt war, teilweise mehr als sie selber, so kam es mir bei zumindest vor. Für viele schien es mir nicht so schlimm, sie haben zu mir gesagt Alma, beruhige dich, es ist ja nichts passiert. Auf der einen Seite ja, es ist niemandem was passiert, es ist nur ein „Sachschaden“. Auf der anderen Seite, wie viel Arbeit in so einer Schule steckt, wie viel Energie, Kraft und Zeit es gekostet haben muss, diese Schule aufzubauen…! Und dazu kommt, dass ich mich gerade eingelebt habe, mich zurecht gefunden habe, mich wohl gefühlt habe in der Schule. Und das ist nun alles verbrannt. Der piepsende Herd, der Nagel an der Schranktür wegen eines fehlenden Griffs der immer an der Hose hängen bleibt, die stumpfen Messer, all die Tassen ohne Henkel, die quietschende Tür mit dem losen Türgriff, die andere Tür die immer klemmt… alles verbrannt. Wegen einem Kabel.
Bis vor ein paar Monaten stand auf dem Schulgelände noch ein weiteres Gebäude, der Klassenraum der dritten Klasse. Bis es eines Nachts abgebrannt ist…
Aber da haben die Argentinier schon recht, das Leben geht weiter, es war nur ein Haus mit vielen schönen, interessanten und wichtigen Sachen drin. Aber es war eben nur ein Haus.
Uns wurden sechs Klassenräume einer anderen Schule etwas weiter außerhalb des Dorfes angeboten. Dort können wir die nächsten Wochen erst mal unterrichten, als Übergangslösung. Allerdings würde der Unterricht hier nachmittags stattfinden, weil vormittags die eigenen Schüler der Schule Unterricht haben.
Nun gibt es Fragen über Fragen, deren Antworten gesucht werden wollen.
Das Grundstück der Schule war/ist nur gemietet, zwei Klassenräume und der Kindergarten stehen noch, sind zur Zeit ohne Strom und Gas, aber sie stehen noch. Trennt man nun die Unterstufe? Oder die Unterstufe von dem Kindergarten? Was ist dann mit den Kindern die Geschwister haben, im Kindergarten oder in anderen Klassen? Was ist mit den Eltern die kein Auto haben, um zu einer Schule zu fahren, die weiter weg ist? Wie verkraften es die Kinder, nun in einer neuen Schule in fremden Klassen unterrichtet zu werden?
Was passiert auf lange Sicht? Sofort ein neues Grundstück mit einer neuen Schule? Oder stellt man für die nicht mehr existierenden oder unbenutzbaren Klassenräume Container auf dem alten Grundstück auf?

Klar ist, nun gibt es richtig viel Arbeit.
Unklar ist für mich gerade noch: wo ist mein Platz in der ganzen Situation? Was will und was kann ich tun?
Bei den ganzen Gesprächen und Diskussionen bin ich meistens noch viel zu sehr damit beschäftigt, zu versuchen alles zu verstehen, als dass ich wirklich mitdenken kann und mit überlegen kann, wie es weitergehen kann, was es für Möglichkeiten gibt und was ICH machen kann.
Eine Sache ist das Herstellen von Heften. Um am Dienstag wieder mit der Schule anfangen zu können, brauchen die Kinder neue Hefte. Also werde ich am Montag erst mal um die 70 Hefte machen. Aber was kommt dann? Dienstag? Mittwoch? Die ganzen nächsten Wochen?
Morgen werden wir uns die Schule angucken, in der wir vorübergehend weiter Unterricht machen. Es gibt wohl auch eine Küche. Ob es für die Kinder eine kleine Pausenmahlzeit gibt, und ob ich die wieder zubereiten werde, entscheidet sich morgen.
Aber kann ich auch mithelfen, bei der Suche nach einer langfristigen Lösung? Ich meine, mein Spanisch reicht nicht aus, um zum Beispiel den Papierkram der Schule wieder zu erarbeiten. Aber gibt es anderes, wo ich mitwirken kann? Ich glaube, ich werde morgen noch mal mit den Lehrerinnen sprechen und ihnen sagen, dass ich gerne mithelfen will, wo ich kann, dass sie mir gerne auch Sachen vorschlagen können, die ich machen kann und dass sie auch einfach mit mir rechnen können, mich fragen können wenn sie was brauchen und mich irgendwie mehr mit einbeziehen. Gerade fühl ich mich in der Situation noch eher wie ein Zuschauer, der noch nicht ganz begriffen hat, was eigentlich ab geht. Dennoch muss ich es für die anderen deutlicher machen, dass ich mit anpacken und mithelfen will wo ich kann.
Des Weiteren bekomme ich jede Woche von der Schule 150 Pesos, ca. 25 Euro, um mir Essen zu kaufen. Bringt es die Schule irgendwie weiter, wenn ich versuche, mit 100 Pesos die Woche auszukommen? Das, was die Schule sparen würde, ist nicht viel. 50 Pesos die Woche, 200 im Monat… das macht den Kohl auch nicht so richtig fett. Ich glaube, da sind andere Arbeiten die ich machen könnte, hilfreicher und wertvoller.
Wenn sich dann irgendwann in den nächsten Tagen oder Wochen herauszeichnet, wie es längerfristig weitergeht mit der Schule, kommen natürlich auch noch andere Arbeiten wie neue Möbel bauen, gegebenenfalls neue Gebäude bauen, Klassenzimmer einrichten und so weiter, auf uns zu. Aber bis wir da hinkommen, braucht es glaub ich noch ganz schön viel Kraft und Energie und gute Ideen. Ich bin gespannt wie es weitergeht.

Ach ja, was ich noch sagen wollte: wenn jemand gerade zufälliger Weise nicht weiß, was er mit seinem vielen Geld machen soll, kann sie/er mir gerne bescheid sagen, ich helfe gerne weiter. Ich weiß nicht genau wie das funktioniert, aber ich bin Sicher, es gibt Wege, der Schule etwas zu spenden und uns damit beim Wiederaufbau zu helfen. Ich werde herausfinden, wie das gehen kann. Scheut euch nicht, mich anzusprechen ;)

Un beso
Alma

Sonntag, 9. September 2012

Primavera


Lang lang ist´s her, dass ihr hier etwas von mir lesen konntet… Umso schwieriger ist es jetzt, an einer Stelle anzufangen, wo es Sinn macht, verständlich ist und trotzdem keine Ewigkeit lang wird;)

Alles in allem habe ich mich ein wenig eingelebt. Ich fühle mich wohl hier in El Bolsón beziehungsweise Lago Puelo. Ich liebe die Landschaft, die Menschen lerne ich gerade kennen und lieben und ich fühle mich frei. Ja, eigentlich kann man sagen, ich fühle mich frei. Ich weiß nicht wieso, aber gerade kam mir dieser Gedanke. In dem was ich tue, wie ich mich bewege, wie ich hier lebe fühle ich mich frei, unabhängig und ich habe das Gefühl, es kann ziemlich viel entstehen…

Seit nun schon drei Wochen arbeite ich in der Schule und so langsam bekomme ich einen Eindruck, was ich alles machen kann. Bis jetzt habe ich jeden Morgen für die Kinder das Frühstück zubereitet (von ihnen mitgebrachtes Brot und Obst), habe in der Pause mit ihnen Fangen gespielt, ein bisschen Ordnung in der Küche gehalten und Hefte für die Kinder gemacht. Für den Anfang war ich damit schon mal sehr gut bedient. Nachmittags hatte ich also meistens frei, die Schule geht bis 13.15Uhr, und hatte viel Zeit für mich hier anzukommen, mich langsam einzuleben und die Gegend etwas zu erkunden.
Diese Woche hatte ich ein kleines Gespräch mit zwei Lehrerinnen. Mein Wunsch war oder ist, in der Schule sowohl so Sachen zu mache wie eben Frühstück vorbereiten, Elternbriefe in die „Kommunikationshefte“ jedes einzelnen Schülers zu kleben, Plakate für Veranstaltungen male, die Klassen streiche, Stühle und Tische repariere oder was sonst so anfällt und aber auch mit den Kindern direkt zu arbeiten. Also in den künstlerischen Unterrichten mithelfe, später vielleicht selber einen kleinen Kurs mache und so einfach mehr von den Kinder mitzubekommen, zu sehen wie sie arbeiten, lernen und leben. Also werde ich ab nächster Woche immer morgens in eine Klasse mitgehen und den rhythmischen Teil mitmachen. Nach der Pause gehe ich dann in einen künstlerischen Unterricht, je nach dem was es so gibt und was mich interessiert.
Anfangs hatte ich das Gefühl, dass manche Kinder noch nicht so genau wussten, was sie von mir halten sollte. Ich bin die erste weibliche Freiwillige hier, bin leider nicht so stark wie meine Vorgänger und kann die Kinder auf der Schaukel nicht so hoch anschaukeln, außerdem versteh ich wenig… Aber so langsam habe ich das Gefühl, dass sich eine Verbindung aufbaut. Und mich würde auch stark interessieren, meine Namensvetterin näher kennen zu lernen;)

Wie ich ja schon geschrieben hatte, ich wohne in einem Hostel was einer Familie aus der Schule gehört. Das Hostel liegt ca. 10 bis 15 Kilometer (die Straßenschilder sind sich da etwas uneinig) von Schule entfernt einen Ort weiter Richtung Süden. Jeden Morgen fahre ich mit dem Fahrrad zur Schule. Wenn ich losfahre (7.30Uhr) ist es fast noch dunkel, manchmal hat es gefroren. Auf dem Weg zur Schule geht die Sonne auf. Wunderschön! Die von der Morgensonne beleuchteten, mit Schnee bedeckten Berge rechts und links neben der Straße zaubern mir jeden Morgen ein Lächeln aufs Gesicht.

Mit dem Spanisch sprechen tue ich mich noch ein bisschen schwer. Anfangs hatte ich das Gefühl, ich verstehe garnichts. Wenn die Leute hier reden, hörte es sich für mich wie ein einziger, undurchdringbarer Klang an. Mittlerweile höre ich die einzelnen Wörter heraus, höre wann und wo ein Wort anfängt und aufhört. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, ich versteh jedes einzelne Wort. Aber nur vom Klang her. Und nicht, dass ich dann auch wüsste, was es heißt! Dieses Gefühl hatte ich auch, als ich vor 2 Jahren mal 6 Wochen in Frankreich gearbeitet habe. Irgendwie verrückt! Zur Zeit bin ich ganz zuversichtlich, dass ich spätestens in einem Jahr Spanisch beziehungsweise Argentinisch (was schon ein kleiner Unterschied ist;)) sprechen kann. In der ersten Woche habe ich noch jeden Tag ein bisschen Vokabeln und Grammatik gelernt… das habe ich dann aber auch durch Häkeln ersetzt;) Ein Poncho und Stulpen sind schon entstanden. Eigentlich wollte ich eine Mütze stricken, weil ich meine ja direkt am ersten Tag verloren habe… Tja so ändern sich die Dinge. Und ich hab schon ziemlich viele andere Ideen was ich häkeln will. Vielleicht entsteht daraus oder damit ja irgendwann mal ein Kurs mit den Kindern!

Der Frühling kommt! Schneeglöckchen und Krokusse, die Bäume fangen an zu blühen, das ganze Dorf ist rosa und füllt sich mit Menschen, die die Sonne genießen. Wunderbar! Da ich nicht direkt in El Bolsón wohne und die Schule von meinem zu Hause vor El Bolsón liegt, bin ich nicht jeden Tag im Dorf. Vor ein paar Tagen habe ich mich nach der Schule mit Keksen, Obst und einem Buch auf die Wiese auf dem Dorfplatz gesetzt, um die Atmosphäre und die Sonne zu genießen. An dem Tag war auch Markt, das heißt, es waren viele Leute unterwegs. Der Markt ist ein Kunsthandwerkermarkt wo jeder etwas verkaufen und kaufen kann. Es gibt viel wunderschönen Schmuck, Klamotten, Schnitzereien, die verschiedensten Mate (das Gefäß aus dem der Matetee getrunken wird heißt Mate und der Tee Yerba) und auch was zu essen. Ich glaube, er ist auch eine große Touristenattraktion hier in El Bolsón.

Ich habe gerade ein sehr schönes Wochenende hinter mir;) Am Samstag habe ich ausgeschlafen, in der Sonne gefrühstückt, gehäkelt, mit Jasmin, der Kindergärtnerin aus der Schule (also die Schule hat nebenan auch einen Kindergarten) die zur Zeit noch hier mit ihrer Tochter wohnt( in den nächsten Tagen ziehen sie leider um!) Mate getrunken, noch mit der Tochter Volleyball gespielt, gekocht, dann sind wir zum See gefahren (Lago Puelo), haben ein Spiel gespielt dessen Namen ich nicht weiß, es gibt aber Fotos davon hier auf meinem Block;), wieder mal Mate getrunken, geredet, Siesta gemacht. Am Abend bin ich dann zu einer Freundin nach El Bolsón gefahren, da waren wir erst mal ein bisschen shoppen, haben gekocht und uns für die Fiesta fertig gemacht. In einer Bar hat eine Band Cumbia gespielt. Das ist ein Musikstil, der hier gerade glaub ich sehr beliebt ist. Da die Argentinier generell erst sehr spät mit solchen Veranstaltungen anfangen (frühestens halb 2), waren wir auch bis 5Uhr unterwegs. Heute Mittag habe ich dann mit Jasmin und der Familie hier aus dem Hostel gegessen, war mit Jasmin und Luana (die Tochter) in El Bolsón, wir haben ein halbes Kilo Eis gegessen, die Sonne genossen und waren auf dem Markt. Jetzt ruhe ich mich gerade ein bisschen aus, schreibe ein bisschen und gleich koche ich mal wieder was mit Jasmin und Luana. Also wie ihr merkt, ich koche und esse viel und gerne mit den verschiedensten Leuten.

Ich glaube hier höre ich jetzt mal auf. Sonst wird es doch noch eine Ewigkeit ;)
Liebste Grüße
Un Beso
Alma

Montag, 20. August 2012

Ankommen

Ich bin in Argentinien!!! Obwohl ich nun schon fast seit vier Tagen hier bin, ist es immernoch ein bisschen unfassbar. Ich denke, ich werde noch Zeit brauchen, hier anzukommen, mich einzuleben und es fassen zu können. Man sagt, wenn ein Mensch mit dem Flugzeug reist, kommt die Seele nicht hinterher. So fühle ich mich ein bisschen. Aber ich denke sie wird kommen. 
Der Flug war dank ein paar Baldrian-Tabletten auszuhalten. Bis auf der letzte Flug, da hatten wir ein paar Luftlöcher mehr die in mir etwas Unbehagen und Übelkeit hervorriefen. Aber wir sind gut gelandet, ich wurde von einem Vater der Schule und Claudia, meine Ansprechpartnerin hier, abgeholt, den Fahrradkarton, haben wir aufs Dach geschnallt und los ging es Richtung El Bolson. Leider war es schon dunkel, die Strecke soll wohl wunderschön sein. Nächstes mal ;)
Die erste Nacht habe ich bei Claudia und ihrer Familie auf dem Sofa geschlafen. Und am nächsten Morgen ging es auch direkt um 7Uhr weiter zur Schule. Hier habe ich Cornelius, den jetztigen Freiwilligen getroffen. Er hat mir ein bisschen gezeigt, wie so der Tagesablauf aussieht, was gemacht werden muss und was ich sonst so für Möglichkeiten und Freiräume habe. Es war sein letzter Tag in der Schule, deswegen war alles ein bisschen anders und nicht so beispielhaft für meine nächste Zeit aber ich denke es hat sowieso jeder seinen eigenen Rythmus und meinen werde ich schon selber finden.
Die Schule fängt um 8.45Uhr an. Die Lehrer kommen, die Eltern kommen und bringen ihre Kinder, es gibt erst mal eine Runde Mate. Wir beginnen mit einer Morgenrunde, danach gehen alle in ihre Klassen. Es gibt 6 Klassen. In jeder Klasse sind ca. 7 bis 12 Kinder. Um 10.45Uhr ist Frühstückspause. Heute gab es zur feier des Tages Kuchen den Cornelius mitgebracht hat. Die Schule und der Kindergarten nebenan haben ein großes Grundstück mit viel Platz zum Fangenspielen, Klettern und Schaukeln. Die Kinder haben mich auch sofort mit nach draußen gezogen, wollten mit mir fangen spielen und schaukeln. Nach der Pause geht der Unterricht weiter und um 13.15Uhr ist die Schule zu Ende.
Mein Spanisch ist wirklich noch aufbaufähig. Ich verstehe zwar den ein oder anderen Satz aber mit dem Sprechen ist das so eine Sache. Obwohl alle sagen, dass ich es schnell lernen werde, hab ich es als ein bisschen störend emfunden. Es hindert mich daran, sofort mehr Kontakt mit den Menschen aufzunehmen. Ich meine ich bin sowieso nicht der komunikativste Mensch der Welt aber wenn ich dann noch nicht mal die Sprache spreche ist es eben auch nicht gerade förderlich. Aber ich bleibe zuversichtlich und heute, nach vier Tagen, habe ich auch schon das Gefühl, noch ein bisschen mehr zu verstehen und ich bringe auch den ein oder anderen Satz zu stande.
 Im Laufe des Tages habe ich meine Sachen in mein zukünftiges zu Hause gebracht. Ich werde erst mal in dem Hostel Rey Sol wohnen. Es liegt einen Ort weiter Richtung Süden, Lago Puelo. Hier habe ich ein Bett in einem Zimmer. Da zur Zeit nicht viele Gäste da sind, habe ich das Zimmer für mich alleine. Das Hostel ist ziemlich schön. Es liegt am Ortsrand, mitten im Grünen. Sehr gemütlich! Hier finden auch regelmäßg Veranstaltungen statt wie Flamencokurse, Yoga, Musikabende und so weiter.
Cornelius, der jetztige Freiwillige, ist nur noch bis Montag hier. Deswegen bin ich direkt wieder zurück nach El Bolson um noch die Zeit zu nutzten in der er hier ist. Ich war das ganze Wochenende mit ihm, seinem Bruder und vielen verschiedenen Argentiniern unterwegs, wir haben gekocht, waren bei einem Tangoabend in einer Bar, am nächsten Tag auf dem Kunstmarkt in El Bolson, haben wieder gekocht, waren auf einer Cumbia-Party wo ein Freund mit seiner Band Musik gemacht hat, waren am nächsten Tag auf einer wunderschönen Farm hier in der Nähe und schließlich bin ich gestern Abend dann wieder zurück zum Hostel gefahren um mich ein bisschen auszuruhen, mich einzurichten und mal zur Ruhe zu kommen.

Morgen wird mein erster Arbeitstag in der Schule sein. Ich bin ziemlich gespannt und aufgeregt! Mein Wörterbuch werde ich immer parat haben weil morgen ist keiner mehr da, der notfalls doch mal übersetzten kann!

Viele liebe Grüße aus dem kalten, rauen, wunderschönen Patagonien!
Alma